Materialpool für barrierefreie Unterrichtsmaterialien

Materialpool für barrierefreie Unterrichtsmaterialien

Beitragvon Monika Weigand » Mi 22. Mai 2013, 22:08

Auch ich will meinen Arbeitsauftrag als wOERker erledigen und ein Einsatzszenario skizzieren, das es wohl noch nicht gibt, das ich mir aber gut vorstellen könnte:

Das Arbeiten mit blinden und sehbehinderten Schülern, Umschülern oder Studenten ist für die jeweilige Lehkraft/den Dozenten häufig aufwändiger als "normaler" Unterricht. Immer wieder liegen Unterrichtsmaterialien nicht in barrierefreier Form vor und müssen zunächst abgeändert, aufbereitet, eingescannt und bearbeitet oder gar komplett neu erstellt werden. Häufig werden solche Aufgaben doppelt und dreifach erleidgt, weil es kaum eine koordinierte Zusammenarbeit der Beteiligten gibt. Ich bin sicher, dass seit Erscheinen des neuen Office-Pakets mindestens 20 verschiedene Personen eine dazugehörige Shortcut-Liste erstellt haben ... :( Wieviel Zeit könnte eingespart werden, wenn solche Unterlagen als OER verfügbar und an einem zentralen Ort abrufbar wären. Und hier setzt das OER-Einsatzszenario an, das mir vorschwebt:

Zielgruppe
• Profitieren könnten von einem Materialpool für barrierefreie Unterrichtsmaterialien
• Lehrkräfte in Blindenschulen und anderen Blindenbildungseinrichtungen
• Freie Dozenten
• Blindenverbände unSelbsthilfegruppen
• Schüler, Studenten
• interessierte Privatpersonen

Intention und Ziele
Ziel wäre die gemeinsame Erstellung und spätere Nutzung einer möglichst umfassenden Sammlung von Unterrichts- und Arbeitshilfen, die speziell für blinde und sehbehinderten Menschen aufbereitet sind und aufgrund einer CC-Lizenz allgemein zugänglich sind.

Realisierung
Geeignet für die Umsetzung des Vorhaben wäre ein Wiki. Um einen möglichst raschen Start zu ermöglichen, könnte man vielleicht einfach im ZUM-Wiki einen eigenen Bereich für die geplanten Materialien schaffen. Denkbar wäre auch, dass eine der mitarbeitenden Einrichtungen einen öffentlichen Teil im Firmenwiki (das manche Einrichtungen schon haben) einrichtet und dort Zugang für die Contentproduzenten schafft. Wenn das Projekt gut angenommen würde und rasch reichlich Material zusammenkommt, könnte man natürlich auch ein eigenes Wiki dafür einrichten.

Anwendungsbeispiele
Das Wiki müsste für alle Materialien offen sein, das blinden und sehbehinderten Menschen den Zugang zu bildungsrelevanten Informationen ermöglicht. Denkbar wären
• Diktate als MP§-Dateien für den Deutschunterricht oder das Schreibtraining
• Anleitungen für die blindheitsgemäße Nutzung (ohne Maus) von Standardsoftware, im Textformat oder als MP3
• Befehlslisten, Shortcutlisten, Tastenkombinationen
• Ganz aktuell: Anleitungen für die blindheitsgemäße Nutzung von Smartphones und Tablets (App-Listen, Einrichten der Sprachausgabe etc.)
• Verbalisierte Fassung immer wieder benötigter Grafiken und Schaubilder
• Barrierefreie Umsetzung von nicht zugänglichen PDF-Dokumenten, Handbüchern, Lehrwerken etc.
• Software und Tools zur Arbeitserleichterung (Maakrosammlungen, Sammlungen großer Mauszeiger, Tools zur Braille-Übersetzung etc.)
• Tipps und Tricks zur Beseitigung von Barrieren
• ...

Vorteile und Nutzen
Größter Vorteil wäre eine enorme Arbeitserleichterung und Zeitersparnis für Lehrkräfte und Dozenten. Gleichzeitig ist zu erwarten, dass die Qualität des Unterrichts durch passendes und gut nutzbares Arbeitsmaterial deutlich steigt. Ganz allgemein wäre das Projekt ein weiterer Schritt zu mehr Teilhabe für sehgeschädigte Menschen, zu mehr Unabhängigkeit und Selbständigkeit - einfach ein Stück mehr Lebensqualität!

Denkbare Probleme und Grenzen
So schön ich die Idee auch finde, ist mir doch klar, dass einige Hindernisse zu überwinden wären, bevor der geplante Materialpool gut gefüllt Lehrern hilft und Schülern nützt:

Wahrscheinlich wären zunächst urheberrechtliche Frage zu klären. Evtl. sind längst nicht alle potentiellen Materialproduzenten befugt, Ihre Werke anderen Einrichtungen oder der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Der jeweilige Arbeitgeber müsste auf jeden Fall mit im Boot sitzen. Meine offenen Fragen dazu habe ich heute Nachmittag schon in einem anderen Betrag hier im Forum beschrieben: Urheberrecht in Angestellten- und Dienstverhältnissen.

Auch bin ich nicht sicher, wie groß die Akzeptanz bei den Lehrkräften wäre. Die Mitarbeit an einem solchen Pool erfordert natürlich Motivation und den Willen zum Engagement - und sicher auch ein wenig Mut. Sehr interessant fand ich den auf der COER13-Seite empfohlenen Artikel zu diesem Thema: The Human Factor in the Adoption of OER.

Und last but not least hat das Projekt auch einen gewissen Konfliktfaktor: Ein ausgewogenes Geben und Nehmen ist sicher eine Illusion. Was tun mit Trittbrettfahrern, die sich nur bedienen, aber nichts beitragen? Wie lange währt die Motivation der Contentlieferanten, wenn sie selbst kaum Nutzen aus dem Materialpool ziehen können?

Trotz alledem werde ich bei nächster Gelegenheit die Idee mal meinen Kollegen vortragen ...
Monika Weigand
Veitshöchheim, Bayern
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